Im Gespräch mit Marco Zanuso, Jr.
Gute Aussichten
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Architekt-Designer Marco Zanuso, Jr. in seiner Mailänder Wohnung
Foto © Giada Paoloni für Pamono
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Zanusos Mailänder Wohnung
Foto © Giada Paoloni für Pamono
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Marco Zanuso, Jr. in seiner Mailänder Wohnung
Foto © Giada Paoloni für Pamono
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Zanusos Zuhause in Mailand
Foto © Giada Paoloni für Pamono
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Brera Konsolentisch von Marco Zanuso, Jr. für CoEdition Paris
Foto © CoEdition Paris, Foto mit freundlicher Genehmigung vom Designer
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Brera Schreibtisch von Marco Zanuso, Jr. für CoEdition Paris
Foto © CoEdition Paris, Foto mit freundlicher Genehmigung vom Designer
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Runder Niedriger Tamiso T1423 Tisch von Marco Zanuso, Jr.
Foto © Fragile Srl
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Runder Niedriger Tamiso T1413 Tisch von Marco Zanuso, Jr.
Foto © Fragile Srl
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Rechteckiger Niedriger Tamiso T1406 Tisch von Marco Zanuso, Jr.
Foto © Fragile Srl
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Natural Oak Dom Stool by Marcos Zanuso Jr.
Photo © Galerie Philia Design
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Wood Baby Side Table by Marcos Zanuso Jr
Photo © Galerie Philia Design
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Tamiso C1466 Wall-Mounted Console by Marco Zanuso Jr.
Photo © Fragile Srl
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amiso C1431 Rotating Centerpiece by Marco Zanuso Jr.
Photo © Fragile Srl
In den vergangenen fünfzig Jahren schlug Architekt und Designer Marco Zanuso, Jr. einen faszinierenden und einzigartigen Weg innerhalb der Designwelt ein. Der gebürtige Mailänder studierte in den 70er Jahren in Florenz. Sein Schwerpunkt war damals die jüngst entbrannte Radical Design Bewegung und deren Hauptakteure. Im Anschluss an sein Studium arbeitete Zanuso, Jr. mit den großen Designern Italiens zusammen, darunter Enzo Mari, Achille Castiglioni und seinem Onkel, der bekannte Architekt und Designer Marco Zanuso, Senior. Seine ungewöhnlich vorteilhafte Position führte dazu, dass seine Arbeiten von zwei klaren Denkrichtungen im Design geprägt waren: dem Radical Design - insbesondere dem Werk von Andrea Branzi, Michele de Lucci und Memphis - und dem eher Mainstream, italienischen “guten Design” - die Arbeiten, die als Höhepunkt des guten Geschmacks und der Eleganz der 1950er und 60er galten, wie beispielsweise das Werk des älteren Zanuso sowie das von Castiglioni.
Für Zanuso, Jr. können diese zwei Richtungen leicht aufeinander abgestimmt werden. Er ist mit beiden Grundsätzen eng vertraut. In seinen Arbeiten scheinen Elemente der einen oder anderen Richtung hin und wieder durch. Er wird von Kunden aus der Galerie- und Geschäftswelt regelmäßig mit diversen Projekten beauftragt. Sein Portfolio beinhaltet Arbeiten für, unter anderen, De Padova, Driade, Fontana Arte, Cappellini, Galerie Italienne, Fragile Milano. Die verschiedenen Aufträge stellen für den Designer eine endlose Inspirationsquelle dar.
Wir hatten das Glück, Zunuso in seinem gemütlichen Zuhause in der lebhaften Brera Gegend von Mailand zu treffen. Er ist warmherzig, scharfsinnig und direkt. Er verweist auf die Aussicht aus seinem Fenster auf die San Marco Schleusen, Teil des durch Leonardo da Vinci konzipierten Kanalsystems - ein weiterer Hinweis der vielschichtigen Rollen, die italienische Kulturgeschichte in der einmaligen Weltanschauung Zanusos spielen.
Hier unsere Highlights aus dem Gespräch mit Zunuso.
Anna Carnick: Wie steht es heute Ihrer Meinung nach um italienisches Design?
Marco Zanuso, Jr.: Ich habe einerseits das Gefühl, dass von der ursprünglichen DNA nicht viel übrig geblieben ist. Andererseits macht sich hochqualitatives kommerzielles Design sehr gut. Es werden ein paar sehr interessante Luxusgüter hergestellt. Meiner Meinung nach ist Flos die interessanteste Firma, der es gelingt, zeitgenössische Design Kulturen miteinander zu verbinden. Ich schätze auch Magis Arbeiten sehr.
Es scheint so, als sei die radikale Bewegung heute beinahe vorüber. “Gutes Design” weist einen starken kommerziellen Trend auf. Ein paar sehr gute Produkte gibt es heute noch, zum Beispiel die Beleuchtung von Flos und die Möbel von Magis oder Moroso, aber es herrscht generell weniger Experimentierfreude vor. Industrielle wollen nichts riskieren und haben die meiste Zeit Angst. Viele von ihnen haben gar kein Wissen über Design und erzielen nur durch Marketing Fortschritte. Die DNA des italienischen Designs ist vergänglich.
AC: Wie hat sich Ihre eigene Arbeit über die Jahre entwickelt?
MZJ: Anfangs, in den ersten Jahren meiner Tätigkeit, versuchte ich meine potenzielle Zielgruppe bestmöglich zu erweitern. Ich suchte nach vielen Kontakt- und Arbeitsmöglichkeiten. Dann wurde ich immer selektiver und versuchte, falsche Schritte zu vermeiden. Ich zog es vor, nur Projekte und Kunden auszuwählen, mit denen eine Zusammenarbeit gut klappte.
AC: Sie arbeiten mit langjährigen Unternehmen und mit Galerien zusammen. Wie würden Sie die Ähnlichkeiten oder Unterschiede dieser Arbeitsformen und -beziehungen beschreiben?
MZJ: Wenn ich mit Unternehmen zusammenarbeite, beginnt das Projekt bereits mit einer definierten Bedingung; die Aufträge sind sehr präzise. Das ist in keinster Weise schlecht für mich. Im Gegenteil, es ist eine gute Voraussetzung für die Gestaltung. In der Zusammenarbeit bei Firmen-Aufträgen besteht der erste Schritt also darin, das Produkt gemeinsam mit dem Ansprechpartner zu konzipieren. Der besten italienischen Designtradition nach übernahm der Inhaber selbst diese Rolle. So taten es auch Aurelio Zanotta, Maddalena De Padova und Enrico Astori und andere.
Werden meine Projekte dann bewilligt, kommen wir zum zweiten Schritt: eine spezielle und ausführliche Arbeit mit der technischen Abteilung. Dieser Schritt hat mir immer sehr viel Spaß bereitet. Hier können viele Aspekte erlernt werden, die einem weder die Universität noch die Schule beibringen können.
AC: Was ist die wichtigste Erkenntnis (oder auch mehrere Erkenntnisse), die Sie als professioneller Designer über die Jahre gewonnen haben?
MZJ: Ich möchte zu Beginn sagen, dass ich noch immer dazu lerne und versuche, mich zu verbessern. Jedes Projekt stellt eine Wachstumschance dar, weil dazu immer Erfindungen und Innovationen nötig sind. Ob es sich dabei um eine einfache, elegante technische Lösung oder um ein verblüffendes Farbschema handelt, ein Entdeckungsprozess ist immer vorhanden. Ein gutes Projekt beinhaltet die Erschaffung von etwas bisher nie Dagewesenem. Diese Erkenntnis erhielt ich von dem Meister Marco Zanuso Senior.
AC: An welchen Projekten arbeiten Sie jetzt? Und was steht für Sie als nächstes an?
MZJ: Ich arbeite mit dem Grafikdesigner Francesco Dondina und dem Architekten Giuseppe Raboni zusammen, um eine Zeichensprache für Grünflächen in Mailand zu entwerfen. Dieses Projekt ist mir sehr wichtig, denn ich schätze die Möglichkeit, meine eigene Stadt etwas angenehmer und praktischer zu gestalten.
Meine Partnerin Daniele Nava und ich stellen momentan auch zwei Wohnungsbauprojekte in Mailand fertig. Wir haben uns darum bemüht, ein Gleichgewicht zwischen Tradition und neuen Materialien und Technologien herzustellen und gleichzeitig Gebäude zu entwerfen, die gemütlich sind. Unsere Absicht war es, eine gute Beziehung zwischen Menschen und ihrer Umgebung herzustellen.
In Sachen Design arbeite ich gerade an Beleuchtungsprojekten aus Murano Glas, einer Kollektion an Tischen aus Stahl, Wohnaccesoires aus Keramik und Tafelaufsätzen aus Schmiedeeisen. Letzteres ist für mich Neuland.
Ende des Jahres, sollte zusätzlich noch ein Buch über meine Arbeit als Designer erscheinen.
AC: Gibt es noch Traumprojekte, die auf Sie warten?
MZJ: Ich würde gerne Projekte auf städtischer Ebene ausführen - keine Gebäude also, sondern Eingriffe im Stadtbild, die öffentliche Räume verbessern. Hier gibt es noch viel Aufholbedarf. The Floating Piers by Christo von Christo am Iseosee ist ein tolles Beispiel: Eine Million Menschen zog es letztes Jahr dorthin und sie sorgten für einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Region.
AC: Welchen Ratschlag würden Sie jungen Designern geben, die am Anfang ihrer Karriere stehen?
MZJ: Mein Rat wäre, sich praktische Erfahrung zu holen und ein Jahr in einer technischen Abteilung, einer Werkstatt oder einem Labor zu arbeiten - eben an Orten, an denen das Produkt selbst produziert wird. Diese Erfahrung kann sehr nützlich sein. Verschwendet Eure Zeit nicht mit Social Media! Geht hinaus und erkundet die Welt! Beobachtet so viel wie möglich und besucht Galerien und Design Ausstellungen.
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Text von
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Anna Carnick
Als ehemalige Redakteurin bei Assouline, der Aperture Foundation, Graphis und Clear feiert Anna die großen Künstler. Ihre Artikel erschienen in mehreren angesehenen Kunst- und Kulturpublikationen und sie hat mehr als 20 Bücher herausgegeben. Sie ist die Autorin von Design Voices und Nendo: 10/10 und hat eine Leidenschaft für ein gutes Picknick.
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Fotos von
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Giada Paoloni
Die gebürtige Italienerin Giada ist Fotografin und Stylistin mit einer großen Leidenschaft für Reisen, Speisen und Kunst.
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Übersetzung von
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Jessica Hodgkiss
Jessica ist Cheesecake-Enthusiastin, Kunstliebhaberin und man findet sie häufig auf Flohmärkten. Außerdem liebt sie es, Zeit in Berlins wunderschönen Parks und den Seen in der Umgebung zu verbringen. Die in München geborene Übersetzerin studiert zur Zeit Kunstmanagement im Master.
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